Freitag, 2. September 2016

Kein Vertrauen in Inklusion

DÜSSELDORF. Der Unmut über die Umsetzung der Inklusion in NRW nimmt zu. Schon im Mai hatten Pädagogenverbände und Gewerkschaften in einer "Mülheimer Erklärung" laut um Hilfe gerufen: Die Landesregierung mache den Erfolg des gemeinsamen Unterrichts vor allem daran fest, wie viele behinderte Kinder inzwischen den Regelunterricht besuchten. Die Qualität dieses Unterrichts sei hingegen zweitrangig, schimpften die Verbände. Im September werden im Landtag zweimal Experten zur Umsetzung der Inklusion angehört. Schon jetzt ist absehbar:
Die Kritik an der Regierung dürfte deftig ausfallen. Zum Schuljahresauftakt hatte NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) noch einmal vorgerechnet, wie gut sich die Inklusion aus ihrer Sicht entwickelt. Über 40 Prozent der Kinder mit "sonderpädagogischem Förderbedarf" besuchten inzwischen eine allgemeine Schule, an den Grundschulen seien es fast 45 Prozent. In wenigen Jahren soll diese Quote bei 80 Prozent liegen. Den Verband Bildung und Erziehung (VBE) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beeindrucken solche Zahlen kaum. Die beiden Gewerkschaften beobachten nämlich eine besorgniserregende Entwicklung: Offenbar denken immer mehr Eltern von Kindern mit Behinderungen darüber nach, ihre Kinder möglichst nicht in Regelschulen anzumelden. "Viele dieser Eltern stellen fest, dass die sonderpädagogische Förderung, die sie für ihre Kinder erwarten, an der Regelschule nicht geleistet werden kann", sagte VBE-Chef Udo Beckmann dieser Zeitung. Aus der Sicht der Gewerkschafter ist das ein "schlimmes Signal". Die Landesregierung sei dabei, die Inklusion "vor die Wand zu fahren". Die GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer nennt drei Hauptprobleme, die aus ihrer Sicht den Erfolg der Inklusion an Schulen verhindern: "Wir sind weit vom Ziel entfernt, die inklusiven Klassen durchgängig mit zwei Lehrern zu besetzen. Außerdem sind die Lerngruppen zu groß und vielen Lehrern fehlt die Erfahrung im Umgang mit Kindern mit Behinderungen", sagte sie.

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