Samstag, 25. Juni 2016

Keine Bildung ist der Faktor für Kriminalität

Bonn. Der Fall Niklas P. hat viele den Weg ins Gericht finden lassen. Obwohl die Hitze des Tages, die man am Eingang des moderat gekühlten Bonner Landgerichts zurückgelassen hat, eher in den Biergarten gelockt hätte. Aber das Thema „Jugendkriminalität“ brennt derzeit in Bonn, wird heiß diskutiert und die Sorge, dass Gewalt und Angst weiter zunehmen, ist sehr groß. Besonders bei Eltern. So konnte Landgerichtspräsidentin Margarethe von Schwerin nicht ohne Stolz ein großes Publikum zum Auftakt der neuen Podiumsdiskussions-Reihe „Justiz konkret in Bonn“ in ihrem Haus begrüßen. Denn das Startthema der Serie war durchaus der Aktualität geschuldet: „Herausforderung Jugendkriminalität.“
Das könnte Sie auch interessieren Polizei und Stadtordnungsdienst (Mitte) gehen gemeinsam Streife in Bad Godesberg. Nach dem Tod von Niklas P. Null Toleranz in Bad Godesberg „Ein mutiges Unternehmen“, bezeichnete es Moderator Dr. Helge Matthiesen,Chefredakteur des General-Anzeigers, und stellte seine kompetenten Podiumsgäste vor, die tagein, tagaus mit jungen Menschen zu tun haben: Ulrich Feyerabend (Jugendstrafrichter und Direktor des Amtsgerichts Siegburg), Michaela Irsen (Jugendstaatsanwältin), Mario Becker (Jugendkoordinator der Polizei Bonn) und Christina Wallbaum, Vertreterin der Jugendgerichtshilfe. Mit einer Überraschung eröffnete sogleich Professor Torsten Verrel (Kriminologisches Seminar der Universität Bonn), der die wissenschaftliche Grundlage für die Diskussion legte. Das allgemeine Gefühl, dass die Jugendkriminalität weiter zunimmt und auch, dass die Straftaten brutaler werden, stimme nicht. „Es ist seit Jahren schon ein rückläufiges Phänomen“, erklärte der Wissenschaftler und belegte mit seinen detaillierten Erhebungen, dass die Kriminalität Anfang der 90er Jahre bis zum Jahr 2000 „sprunghaft angestiegen“ ist. Seit einigen Jahren jedoch sei sie wieder auf dem „absteigenden Ast“. So auch die Gewaltkriminalität, die ein Fünftel aller Jugendstraftaten ausmache. Aber natürlich sind es die Verbrechen, die die Schlagzeilen machen und die sich ins Gedächtnis brennen. Wie der Fall Niklas P., der einen ganzen Stadtteil in brennen lässt „Solche Exzesse lassen sich nicht verhindern“, so Kripomann Becker, der auch ein Plädoyer für ein sehr frühes Einschreiten hielt: Schulverweigerer, die in den Innenstädten chillen oder vormittags in Elektronikläden daddeln, müssten angesprochen werden, ihre Eltern aufgesucht, auch Schulen und Nachbarn müssten viel mehr die Polizei informieren, bevor es zu spät ist. „Jugendgewalt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht allein von Justiz und Polizei zu bewältigen ist“, hatte Verrel zu Beginn vorgegeben. Das Beste, was wir machen können, ist Bildung, da waren sich alle Podiumsteilnehmer einig. Richter Feyerabend: „Keine Schulbildung, das ist der Faktor für Kriminalität.“ Einig waren sich alle auch, dass „mit Draufhauen“ jedenfalls – wie häufig gefordert – keine Straftaten beiseite geräumt werden könnten.

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