Dienstag, 10. März 2015

Leserbrief: "Differenzieren"

Engelskirchen/Oberberg. Zur Einführung der Sekundarschule in Engelskirchen wurde geworben mit der Vision einer neuen integrierten Schule als Lösung für die Probleme des demografischen Wandels mit sinkenden Schülerzahlen: Gemeinsames längeres Lernen in einer modern gestalteten Schule mit engagierten Lehrern in kleinen Klassenverbänden, in denen jedes Kind entsprechend seiner Neigung und Leistung gefördert und gefordert wird. Inklusion und Qualifikationsmöglichkeiten für Beruf und den Übergang in die gymnasiale Oberstufe eingeschlossen.
Die Realität ist ernüchternd und frustrierend zugleich: große Klassenverbände mit zum Teil 30 Schülern lernen in Klassenräumen, die für viel kleinere Gruppen konzipiert wurden. Die Gruppen sind sehr uneinheitlich: von Kindern mit eingeschränkter Gymnasialempfehlung über Kinder mit klassischem Hauptschul- und Realschulniveau und Kinder mit Inklusionsthema bis hin zu Migranten-Kindern, die kaum Deutsch sprechen, reicht das Spektrum innerhalb einer Klasse. Das gemeinsame Lernen ist schwierig: Der Geräuschpegel in der Klasse ist hoch, ständige Disziplinierungsmaßnahmen sind notwendig und bestimmen oft den Unterrichtsalltag. 
Resultat: Die einen Schüler langweilen sich, die anderen sind überfordert, die in der Mitte schlagen sich so durch. Und die Lehrer sollen jeden Tag den Spagat schaffen zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Meiner Ansicht nach kommt selbst der engagierteste Lehrer unter diesen Umständen schnell an seine Leistungsgrenzen. Die Widersprüche sind doch so deutlich: sinkende Schülerzahlen und zu große Klassen wie vor 30 Jahren, der Anspruch auf individuelle Leistungsförderung auf Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners. 
Mein Appell an die Verantwortlichen: Schafft endlich die notwendigen Strukturen für ein gemeinsames Lernen! Kleine Klassenverbände, eine ausreichende Zahl von Lehrern, die nicht nur mit befristeten Verträgen an der Schule sind, sondern sich mit ihrer Schule identifizieren und sich engagieren können. Stellt die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung! Die Investition in die Zukunft unserer Kinder geht nicht zum Nulltarif. Die äußere Differenzierung in Grund- und Erweiterungskurse für die Hauptfächer ist ein dringend notwendiger Schritt nach vorne, um überhaupt leistungsbezogenen, effektiven Unterricht zu realisieren. 
Meines Erachtens ist es längst überfällig, dass die Sekundarschule sich zu diesem System bekennt und so wichtige Klarheit schafft. Außerdem muss auch das Versprechen auf Lernen in kleineren Klassenverbänden eingelöst werden. Dann steigen vielleicht auch die Anmeldezahlen wieder. 

Petra Kegel-Zeidler, Mutter eines Schülers der 5. Klasse der Sekundarschule Engelskirchen

Quelle: OVZ vom 10.03.2015

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