Donnerstag, 20. März 2014

Aichele: Inklusion in Deutschland ist mangelhaft

BONN. Schlechte Noten für die Inklusion in Deutschland. Als mangelhaft beurteilt Valentin Aichele, Leiter der Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention, Deutsches Institut für Menschenrechte, die bisherigen Anstrengungen zur Inklusion. "Das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung ist in Deutschland noch weitgehend die Ausnahme. Schüler und Eltern können oft nur nach zähen Prozessen und einem behördlichen Hindernislauf ihr Recht auf inklusive Bildung erstreiten und durchsetzen", zog er gestern in Bonn Bilanz.
In der Bundesstadt treffen sich derzeit rund 350 Politiker, Wissenschaftler, Schulträger, Lehrkräfte, Eltern und Schüler zu einem bundesweiten Gipfel zum Thema "Inklusion - Die Zukunft der Bildung". Zwar gilt seit 2009 auch hierzulande eine entsprechende UN-Konvention, nach der kein Kind mit geistigem, körperlichem oder seelischem Defizit vom Besuch einer allgemeinen Schule ausgeschlossen werden darf. Von der Umsetzung ist man allerdings noch weit entfernt. Bezogen auf das Schuljahr 2012/2013 bedeutet das: "Nur etwa 28 Prozent der Schüler mit einem Förderbedarf besuchen Regelschulen", so Bildungsökonom Klaus Klemm, Mitglied im Expertenkreis "Inklusive Bildung" der Deutschen Unesco-Kommission. Im europäischen Ausland gingen hingegen rund 80 Prozent der behinderten Kinder gemeinsam mit Nichtbehinderten in die Schule. Ingesamt besteht derzeit in Deutschland bei knapp 500 000 Schülern erhöhter Förderbedarf. Die Ausgrenzung vom allgemeinen Unterricht hat für die meisten gravierende Folgen: Drei Viertel der Förderschüler erreichen keinen Hauptschulabschluss. Damit sind ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt äußerst gering. In den einzelnen Bundesländern ist man bei der Umsetzung der UN-Konvention unterschiedlich weit. "Die Länder, die sich schon frühzeitig damit auseinandergesetzt haben, sind einen guten Schritt weiter", beobachtet Ute Erdsiek-Rave, Vorsitzende des Expertenkreises "Inklusive Bildung" und ehemalige Bildungsministerin von Schleswig-Holstein. Hervor getan hätten sich Hamburg und Bremen, aber auch NRW sei auf gutem Weg. Derzeit liege das Land im Mittelfeld - rund 24 Prozent der Schüler mit Förderbedarf besuchen eine allgemeine Schule.
Quelle: Kölnische Rundschau vom 20.03.2014

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