Donnerstag, 6. Juni 2013

Problemfall Inklusion

DÜSSELDORF. Nach dem schlechten Zeugnis für ihre Inklusionspläne an Nordrhein-Westfalens Schulen muss Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) nachsitzen. Experten von Gewerkschaften, Kirchen, Eltern- und Wohlfahrtsverbänden kritisierten in einer Anhörung im Düsseldorfer Landtag handwerkliche Mängel am Gesetzentwurf und vermissten verbindliche Qualitätsstandards für Diagnostik, gemeinsamen Unterricht sowie Lehrer- und Finanzausstattung.
Die Kommunen warnten offen vor einem "Scheitern der Inklusion". Behinderte Kinder sollen ab dem Schuljahr 2014/15 schrittweise einen Rechtsanspruch auf gemeinsamen Unterricht mit Nichtbehinderten in NRW haben. Im Ziel der Inklusion sind sich Parteien und Verbände einig, auf dem Weg türmt sich aber noch ein Problemberg. Die Lehrergewerkschaft GEW forderte Nachbesserungen und einen Stufenplan für die Umsetzung der Inklusion. Die GEW forderte kleine Klassen mit maximal 20 Schülern - davon maximal fünf mit Behinderungen - und eine Doppelbesetzung mit einem Lehrer und einem Sonderpädagogen. Faktisch werden zum Start Sonderpädagogen und Lehrer fehlen. Die CDU warnte vor einer "Inklusion light nach Kassenlage", die FDP fürchtet eine Schließungswelle bei Förderschulen. Künftig sollen Eltern ein Wahlrecht haben, auf welche Schule ihr behindertes Kind gehen soll. Der Verband lehrernrw verlangt aber, dass die Lehrer weiter die Expertise abgeben, ob ein Kind sonderpädagogischen Förderbedarf hat. Sorge bereitet den Direktorenkonferenzen der Gymnasien, ob die Gymnasien ihren Bildungsauftrag für nicht behinderte Schüler noch erfüllen können, wenn bei knappen Lehrerstellen landesweit in zieldifferenzierten Gruppen unterrichtet werden soll. Die kommunalen Spitzenverbände fürchten massive Finanznöte und die Schließung zahlreicher Förderschulen. Dann aber laufe die Wahlfreiheit der Eltern behinderter Schüler vor allem in ländlichen Regionen ins Leere. Die kirchlichen Träger beklagten, dass Sonderpädagogen häufig zuerst auf staatliche Schulen verteilt würden. Vielfach wurde die Sorge geäußert, dass zahlreiche behinderte Kinder überfordert sein könnten, wenn sie am Regelunterricht teilnehmen sollten. Darüber dürfe nicht hinweggesehen werden. CDU-Schulexpertin Petra Vogt fürchtet "Stagnation statt Inklusion". Die rot-grüne Koalition hatte das Projekt bereits um ein Jahr verschoben.

Quelle: Kölnische Rundschau vom 06.06.2013

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