Mittwoch, 24. April 2013

Abiturienten fordern zweite Chance

DÜSSELDORF. Wut, Verzweiflung, Enttäuschung - knapp 500 Abiturienten haben gestern vor dem Düsseldorfer Schulministerium gegen die aus ihrer Sicht zu schwere Abi-Klausur in Mathe protestiert und lautstark eine "zweite Chance" gefordert. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), die einen Termin in Köln wahrnehmen musste, sicherte den Abiturienten des Doppeljahrgangs später noch für diese Woche eine "fachliche und juristische Bewertung" der Aufgaben zu.

Viel Hoffnung machte die Ministerin aber nicht: Löhrmann sieht bisher keinen Fehler in der Aufgabenstellung und hält die Klausur im Zentralabitur für grundsätzlich lösbar. Lediglich die Angemessenheit der Mathe-Aufgaben werde diskutiert.
Eine Stunde vorher brodelte es vor dem Ministerium. Während zahlreiche Beamte im Landeskriminalamt und im Schulministerium die Demo interessiert an ihren Bürofenstern verfolgten und die Arbeit ruhen ließen, machten die Schüler ihrem Ärger Luft. "Fairness auch für Versuchskaninchen" und "Nein zu Mathe-Schweinereien" stand auf Transparenten. "Wir sind hier, wir sind laut. Weil man uns das Abi klaut", skandierten aufgebrachte Schüler. "Frau Löhrmann, Ihre Aufgabe ist lösbar."
Luise Cornely, die das Ernst-Kalkuhl-Gymnasium in Bonn-Oberkassel besucht und die Demo organisiert hat, kritisiert, dass die Matheaufgaben im Grundkurs im Vergleich zu früheren Jahren zu schwer, Aufgabenstellungen umständlich formuliert und notwendige Rechenformeln unbekannt waren. Staatssekretär Ludwig Hecke redete 45 Minuten mit einer Schülerdelegation. Entschieden wurde nichts, Ende offen. Dennoch zeigte sich Cornely nachher zufrieden: "Das war ein sehr erfolgreiches Gespräch in guter Atmosphäre. Man hat sich endlich ernsthaft mit uns und unseren Forderungen beschäftigt" sagt die 18-Jährige im Gespräch mit dieser Zeitung. Danach sei sie guter Hoffnung, dass sie womöglich eine zweite Klausur in Mathematik schreiben können. 2008 haben Abiturienten in NRW nach einer Mathe-Panne im Zentralabitur ("Octaeder des Grauens") eine neue Klausur schreiben dürfen. Gleich reihenweise waren Schüler an einer kaum lösbaren Textaufgabe zu Freiwürfen von Basketballstar Dirk Nowitzki gescheitert. Dieses Mal können die Schüler keinen Fehler in der Aufgabenstellung nachweisen, sie beklagen sich aber über den "signifikant höheren Schwierigkeitsgrad" der Abi-Klausur. Abiturient Felix Blumentritt kritisiert den unzureichenden Zeitrahmen.
Mehrere hundert Schüler haben Protest-Mails mit persönlichen Beschwerden ans Ministerium geschickt oder wütend im Büro der Ministerin angerufen. Mehr als 10 000 Abiturienten traten einer Facebook-Gruppe mit dem Ziel bei, die Mathe-Klausur zu wiederholen. Zwar verliefen die Klausuren an einzelnen Schulen reibungslos, in vielen Klassen geht aber die Angst um, dass die verbaute Mathe-Klausur den Notendurchschnitt des Abis "versaut".
Die umstrittene Mathe-Klausur im Grundkurs sei "anspruchsvoll, aber lösbar" gewesen, sagte Löhrmann. Den Vorwurf, dass die Abi-Klausur 2013 schwerer war als in Vorjahren, weil der doppelte Abiturjahrgang die Hochschulen überfordere, nannte Löhrmann "absurd". Die Ministerin will die Ergebnisse der Fachkommission auswerten und prüfen, ob die Mathe-Aufgaben angemessen waren. Die Chancen für einen Nachschreibetermin scheinen nicht gut zu stehen. 

Quelle: Kölnische Rundschau vom 24.04.2013

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