Samstag, 30. Juni 2012

Neues aus Löhrmanns Experimentalküche (2)

zurück in die Zukunft?
DÜSSELDORF. Frau Löhrmann hat offenbar immer noch nicht verstanden, dass die absolute Mehrheit der Wahlberechtigten sie und ihre Koalitionspartnerin Frau Kraft NICHT gewählt hat, was wohl kaum als Zustimmung zu ihrer "erfolgreichen" Schulpolitik gewertet werden dürfte. Nichtsdestotrotz fährt sie unbeirrt fort, wie eine Abrissbirne die Bildungslandschaft in NRW dem Erdboden gleichzumachen (was der SPD in 30 Jahren mit der Gesamtschule nicht gelungen war): Hauptschule platt, die Realschule auf der roten Liste, die Gesamtschule als Produktionstätte einer fragwürdigen "Hochschulreife" und das Gymnasium als letzte Bastion der Leistungsfähigen und -willigen! Gleichzeitig läuft ein Schulversuch mit Gemeinschaftsschulen, die mittlerweile schon wieder von der Sekundarschule überflüssig gemacht wurden. 
Als wäre diese "Vielfalt" nicht schon schlimm genug, will Frau Löhrmann nun in NRW eine durchgehende Schule von der ersten bis zur zehnten Klasse erproben lassen - die "Primusschule". Für den Modellversuch, der zum Schuljahr 2013/2014 startet, sollen sich Grundschulen mit weiterführenden Schulen zusammenschließen, so Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) gestern. An dem Testlauf können sich bis zu 15 Schulen beteiligen. Löhrmann setzt mit dem Schulversuch eine weitere Vereinbarung aus dem Schulkonsens von Rot-Grün mit der CDU um. "Wir wollen Erkenntnisse darüber gewinnen, in welcher Weise die Arbeit der Grundschulen in die der weiterführenden Schulen einbezogen werden kann", sagte Löhrmann laut Mitteilung. Beteiligen können sich grundsätzlich alle Schulformen der Sekundarstufe I. Das Modell sieht vor, dass alle Schüler in der "Primus-Schule" nach der vierten Klasse zusammenbleiben und bis zur zehnten Klasse gemeinsam unterrichtet werden.

Kommentar
Liebe Frau Löhrmann, offenbar haben Sie in der eigenen Schullandschaft bereits die Übersicht verloren, denn sonst wüssten sie ja, dass es bereits seit 1974 diesen Versuch an Ihrer landeseigenen Versuchsschule, der Laborschule Bielefeld, gibt! Warum also etwas testen, was schon seit fast 40 Jahren getestet wird? Oder möchten Sie das Konzept der fern jeder Schulwirklichkeit finanziell, personell und materiell ausgestatteten Laborschule nun an "richtigen" Schulen testen? Und warum erst jetzt?
Eine Laborschule "light" hatten wir übrigens bereits, die Volksschule, die nicht ohne Grund 1974 (!) abgeschafft und durch das gegliederte Schulsystem ersetzt wurde. Auch bildungspolitisch sollte man mal etwas aus der Geschichte lernen.
Wenn Sie allerdings ein so großer (oder besser unbelehrbarer) Befürworter des längeren gemeinsamen Lernens sind, hätte ich da noch eine Idee: die "Postnatalschule" in Internatsform. In dieser innovativen Schulform werden alle Kinder nach dem Verlassen der Neugeborenenstation in staatliche Ganztagsbetreuung (und zwar 24 Stunden) genommen, wo sie bis zum 18. Lebensjahr verbleiben. Dies hätte den Vorteil, dass direkt nach der Geburt alle sozialen Unterschiede ausgemerzt werden und somit endlich ALLE die gleichen Chancen im Leben haben. Moment - hatten wir das nicht schon einmal? 
Die bekanntlich überaus erfolgreiche DDR praktizierte 40 Jahre lang die staatlich verordnete Gleichmacherei, auch im Erziehungs- und Bildungssystem, beginnend mit den Einjährigen. Wie konnte ein Staat mit einem so fortschrittlichen Bildungssystem nur untergehen? Vielleicht, weil Erfolg etwas mit tatsächlicher Leistung zu tun hat und nicht mit ideologisch gefärbter Gleichmacherei!

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